Vom Hochbunker zur Kunsthalle

1945, St. Peter, Passionsspiele, Recklinghausen

1948, Martinistraße 2, Recklinghausen

1948-1949, Hochbunker Recklinghausen

1949, Innenstadt Recklinghausen

1949, Umbau Hochbunker zur Kunsthalle

1950, Kaufhaus Althoff, Recklinghausen

1956, Kunsthalle Recklinghausen

Das nachkriegszeitliche Kunstschaffen in Recklinghausen begann mit einer provisorisch angelegten, aber qualitativ wertvollen Ausstellung 1947 in der noch leerstehenden Lebensmitteletage des Recklinghäuser Kaufhauses Althoff. Auf Initiative von Franz Große-Perdekamp, ehemaligem Leiter des Vestischen Museums und Thomas Grochowiak versammelten sich hier Maler von Ruhr und Weser zu einer gemeinsamen Schau. Im Nachgang fungierte sie als Initialzündung für die Gründung der Künstlergruppe »junger westen«, um die regionalen künstlerischen Kräfte zu bündeln. Korrespondierend rief die Stadt Recklinghausen den begleitenden und namensgleichen Kunstpreis aus, der in einer Ausstellung samt prämierter Arbeiten gipfeln sollte. Getreu dem Motto „Wer Kunst zeigen will, braucht Räumlichkeiten“ trugen Große-Perdekamp und Grochowiak den Vorschlag, den Hochbunker am Hauptbahnhof kunstgerecht umzubauen, der Stadt vor. Mitte des Jahres 1949 begann die sogenannte Entmilitarisierung des Bunkers. Diese beinhaltete den innenarchitektonischen Umbau, mit Schaffung einer 900m² großen Ausstellungsfläche, verteilt auf drei Stockwerke. Zudem wurden sowohl in die Vorder- als auch die Rückseite des Hauses Fensteröffnungen in die Betonfassade gesprengt. Während die Fenster im hinteren Teil des Bunkers zwecks baulicher Maßnahmen zu einem späteren Zeitpunkt wieder zugemauert wurden, befindet sich die Front des Gebäudes zumindest architektonisch– mit einigen temporären Schließungen und Öffnungen, der im Erdgeschoss befindlichen Fensterreihe, im Originalzustand. Der ursprüngliche Plan beinhaltete zudem die dekorative Bespielung der Fassade mit einem überlebensgroßen Skulpturenpaar, welches jeweils eine Fensterseite flankieren sollte. Dieses Detail wurde allerdings nie umgesetzt. Einige Künstler*innen griffen dennoch darauf zurück, zum Beispiel Stefan Pietryga 2015, oder zuletzt Flo Kaserau, die im Rahmen ihrer Ausstellung Flos Retrospective 2022 eine Büste ihrer selbst an der Fassade anbrachte. Damals noch in der Viktoriastraße gelegen¹, ging die neue Kunsthalle am 1.4.1950 in die Nutzung der Stadt Recklinghausen über. Ursprünglich sollte die erste Ausstellung in der neuen Kunsthalle dem »jungen westen« gewidmet sein. Zur Eröffnung angedacht war das Jahr 1949. "Hier muß vor allem die Enttäuschung hinsichtlich der Verzögerung in der Fertigstellung der Ausstellungshalle am Hauptbahnhof Erwähnung finden. Diese soll - wie wir unseren Lesern vor einigen Tagen mitteilten - aus dem ehemaligen Hochbunker gewonnen werden. Hier sollte schon Ende November [1949] eine Ausstellung des Jungen Westen eröffnet werden. Aus den bekannten Gründen muß jedoch damit gerechnet werden, daß nicht vor Februar oder März [1950] die Freigabe der neuen Ausstellungshalle erfolgt."²  Statt Februar oder März, feierte die Kunsthalle erst im Juni 1950 Eröffnung. Die erste gezeigte Ausstellung war auch die erste korrespondierende Schau zu den Ruhrfestspielen. Mit der Deutschen und Französischen Kunst der Gegenwart bestritt die Kunsthalle Recklinghausen 1950 unter Leitung von Große-Perdekamp und Grochowiak ein gelungenes Debüt. Die Schau zum »junger westen« folgte vom 10. September bis 8. Oktober 1950. Im Laufe der Jahre wurden die Architektur des Hauses und seine Geschichte als ehemaliger Hochbunker immer wieder von Künstler*innen aufgegriffen. So machte sich Tadashi Kawamata das Mittelgeschoss zu eigen, verkleidete die Betondecke mit Holz und verlängerte sie kurzerhand bis in den Außenraum. 2011 wurde die Sanierung der Kunsthalle mittels des Konjunkturpaket II der Bundesregierung und des Landes NRW gefördert. Die bis dahin in himmelblau getünchte Fassade des Hauses, erhielt einen ihrer Historie entsprechenden neuen Anstrich, so dass sich die anthrazitfarbene Fassade heute harmonisch in das Gesamtbild der umliegenden Gebäude einfügt. 

 


  1.  Die Viktoriastraße (1939 – 1945 Bahnhofsalle genannt) wurde 1962 zu Ehren Franz Große Perdekamps, der am 30.12.1952 gestorben war in Große-Perdekamp-Straße umbenannt und verdeutlicht seitdem seinen Einfluss auf die Entwicklung der Kunsthalle Recklinghausen.                                                                                                                                                                                                                
  2. hj. Recklinghäuser Zeitung, 22.11.1949

 

Öffnungszeiten
Preise
* Schüler*innen, Auszubildende, Studierende, Gruppen ab 10 Personen, Inhaber*innen des Recklinghausen Passes bzw. ein entsprechender Ausweis anderer Gemeinden, Inhaber*innen der Ehrenamtskarte NRW bzw. der Jubiläums-Ehrenamtskarte NRW
Die Kunsthalle ist barrierefrei zugänglich.
Führungen
Die öffentlichen Führungen sind kostenfrei, es muss lediglich das Eintrittsgeld entrichtet werden.

Die Kosten für eine gebuchte Führung betragen 55,- Euro pro Gruppe (max. 20 Personen). Anmeldung unter Telefon (02361) 50 19 35.
Anschrift
Anfahrt
Die Kunsthalle liegt direkt gegenüber dem Hauptbahnhof, nahe des Busbahnhofs und ist mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Unter dem Busbahnhof befindet sich eine Tiefgarage.