Alyce Ford

24. Juni – 6. August 2023

Wir laden herzlich ein zur Eröffnung am Samstag, 24. Juni 2023 um 17 Uhr!

Mit dem Ausstellungsformat „Im Kabinett“ hat die Kunsthalle Recklinghausen im letzten Jahr eine neue Serie begonnen, die ein Werk, oder eine Werkgruppe direkt aus dem Rundgang einer Kunsthochschule nach Recklinghausen bringt. Rundgänge haben eine lange Tradition: Die Akademien öffnen für einige Tage ihre Ateliers und alle Studierenden, insbesondere die Abschlussjahrgänge, präsentieren sich dem Publikum – ein meist lang voraus erwarteter Termin im Jahreskunstkalender.
In diesem Sommer sind die Werke von Alyce Ford (*1994) zu sehen, die just ihren Abschluss an der Kunstakademie Düsseldorf bei Professorin Rita McBride und Professorin Trisha Donnelly gemacht hat. Ihre Arbeiten fanden auf dem Rundgang der Akademie im Februar weithin Beachtung und kommen nun direkt aus der Akademie an die Kunsthalle Recklinghausen.

Werktext:

Fast vergessen und doch gar nicht so lange her: der schwarze Balken über den Augen fotografierter Personen. Bevor es die mannigfaltigen Verfremdungsoption im digitalen Bild gab, war eben jener eine verbreitete Form der Anonymisierung von Menschen. In Anbetracht der Entsperrung eines Mobiltelefons qua Gesichtserkennung - trotz Sonnenbrille und Maske - ein heute rührender Versuch: der Balken als vergangene Kulturtechnik des 20. Jahrhunderts. Wenngleich nicht auf den ersten Blick ersichtlich, hat dies einiges mit Alyce Fords Collagen zu tun. Dort legt sich ein schwarzes Feld aus Wachs über ein weißes Blatt Papier, unter dem wiederum die Titelseite eines Financial Times Ablegers „How to spend it“ zu sehen ist – allerdings ihres Hauptinformationsfeldes beraubt. Ford löscht also Bildinformationen und denkt dabei das automatisch aufkommende Verlangen mit, freilegen zu wollen, was sich darunter verbergen mag. So entstehen durch Kratzungen chromatische Bilder aus den Wachsschichten. Die gezeigten Motive sind allesamt der barocken Waffenkunst entlehnt. Bildträger ist bei alldem jedoch immer der Papp-Karton. Eben jenes Material, das auch die Grundlage für Fords Objekte bildet. Auch hier schichtet sie, baut auf und verschachtelt im eigentlichen Wortsinn. Es sind chromatisch gefasste Karton-Architekturen. Kleine Aussparungen erlauben Einblicke ins Innere der Plastiken. Wer sich auf den Boden kniet, wird aus Karton gebaute Säulen entdecken, wie versteckte Tempel in den tieferen Schichten eines mehrstöckigen Labyrinths. Andere Werke aus dieser Serie verstecken einen plätschernden Springbrunnen im Inneren, der meist nur durch das Geräusch auffällt, oder haben Spiegel in den hintersten Ecken verbaut. Die Ausgangspunkte aller dreidimensionalen Objekte von Alyce Ford liegen in imaginierten Strukturen. Sie sind also weitestgehend Formen des Unterbewussten, die sich erstmals im physischen Raum manifestieren – entsprechen also keiner real existierenden architektonischen Vorlage. Und so entdecken wir uns selbst im tiefen Inneren von Fords Strukturen, als tatsächliche Reflexion, während in den Collagen unerwartete Motive unter schwarzen Balken erscheinen, die auf der Grundlage eines Magazins der Konsumgenerierung wohl auch die Frage nach unseren verborgenen Wünschen aufkommen lässt.


24 June – 6. August, 2023

We cordially invite you to the opening on Saturday, June 24, 2023 at 5 p.m.

With the exhibition format "Im Kabinett" (In the Cabinet), Kunsthalle Recklinghausen started a new series last year that brings a work, or a group of works, directly from the open studios at an art academy to Recklinghausen. Open studios at the end of a semester have a long tradition: the academies open their classes for a few days and all students, especially the final-year students, present themselves to the public - usually a long-awaited date in the annual art calendar.
This summer, the works of Alyce Ford (*1994), who just graduated from the Düsseldorf Art Academy under Professor Rita McBride and Professor Trisha Donnelly, are on display. Her works attracted widespread attention at the academy's open studios in February.

Accompanying text:

Almost forgotten but not so long ago: the black bar over photographed people’s eyes. Before there came the manifold alterations options of the digital age, the black bar was a widespread form of anonymizing people. In consideration of the unlocking of a mobile phone via facial recognition - despite sunglasses and facemasks - the censoring bar seems like an immature attempt today, like a bygone cultural technique of the 20th century. Although not obvious at first glance, this has a lot to do with Alyce Ford's collages. A black field of wax overlays a white sheet of paper, under which the fragment of a front page of the Financial Times offshoot "How to spend it" can be seen. The main information field remains concealed by the overlaying paper. Ford thus deletes image information, whilst aware of the automatically arising desire to uncover what might be hidden underneath. Like this chromatic images are created from the wax by scratching. The motifs shown are all borrowed from baroque weaponry. In all of this, however, the image carrier is always cardboard. The same material that forms the basis for most of Ford's objects. Here she layers, builds and inserts, creating chromatically framed cardboard compositions. Small recesses allow a glimpse into the interior of the sculptures. By kneeling on the floor, one can discover columns, made of cardboard, like hidden temples in the deeper layers of a multi-storied labyrinth. Other works from this series have a water fountain inside that is only noticeable by its sound, or have mirrors built into the far in corners. The starting point of all of Alyce Ford's three-dimensional objects lies in conceived structures. Thus, they appear to be forms of the subconscious that manifest themselves for the first time in physical space - they do not correspond to any real existing architectural model. In the end we discover ourselves in the deep interior of Ford's structures, as an actual reflection, or in the collages unexpected motifs appear appearing, which, based on a commodity magazine of consumption, probably also raise the question of our hidden desires.

 

 

Öffnungszeiten
Preise
* Schüler*innen, Auszubildende, Studierende, Gruppen ab 10 Personen, Inhaber*innen des Recklinghausen Passes bzw. ein entsprechender Ausweis anderer Gemeinden, Inhaber*innen der Ehrenamtskarte NRW bzw. der Jubiläums-Ehrenamtskarte NRW
Die Kunsthalle ist barrierefrei zugänglich.
Führungen
Die öffentlichen Führungen sind kostenfrei, es muss lediglich das Eintrittsgeld entrichtet werden.

Die Kosten für eine gebuchte Führung betragen 55,- Euro pro Gruppe (max. 20 Personen). Anmeldung unter Telefon (02361) 50 19 35.
Anschrift
Anfahrt
Die Kunsthalle liegt direkt gegenüber dem Hauptbahnhof, nahe des Busbahnhofs und ist mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Unter dem Busbahnhof befindet sich eine Tiefgarage.