Die Laienkunst der Bergleute erlebte in den 1950er Jahre im Ruhrgebiet eine Blütezeit. Ein wesentlicher Aspekt der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit, und damit auch der 1947 gegründeten Ruhrfestspiele Recklinghausen, war es Anregungen zu geben, wie man seine – über Jahre hart erkämpfte – arbeitsfreie Zeit sinnvoll ausfüllen konnte. Der damalige Direktor der Recklinghäuser Museen Thomas Grochowiak und seine spätere Nachfolgerin Anneliese Schröder stießen in dieser Zeit als Juroren so genannter „Steckenpferdturniere“ und in Lohnhallenausstellungen im gesamten Ruhrgebiet “zwischen Hobbykunst und Laienmalerei” auf künstlerische Talente, die „ohne Ausbildung, instinktiv und intuitiv, von Anfang an ihre eigene, ihnen unbewusste und unveränderbare Darstellungsweise und Ausdrucksform hatten“ (Thomas Grochowiak). So entdeckten und förderten sie naive Künstler wie Erich Bödeker, Max Valerius, Franz Klekawka, Karl Hertmann, Franz Brandes und die Brüder Friedrich und Ludwig Gerlach. Alle ehemalige Montanarbeiter oder Bergleute, die von ihrer schweren Arbeit krank geworden waren und in der Kunst einen neuen Lebensinhalt fanden, dem sie mit Leidenschaft nachgingen. Mit Ausstellungen wie “Arbeit – Freizeit – Muße” (1953), die neben Meisterwerken der Romantik und der europäischen Moderne auch Werke naiver Künstler präsentierte, „Sinnvolles Laienschaffen“ (1954) und „Laienkunst im Ruhrgebiet“ (1963) machten Ruhrfestspiele und Kunsthalle Recklinghausen zu einem Zentrum der naiven Kunst in Deutschland und einem Treffpunkt für Laienkünstler der Region. Bis heute zählt die Naive Kunst, vor allem die des Ruhrgebiets, zu den Sammlungsschwerpunkten der Kunsthalle Recklinghausen.